Umgang mit Schuld

25. Februar 2025

Der Umgang mit der Schuld in Nachkriegsgesellschaften am Beispiel von Franz Bieberkopf

Der Erste Weltkrieg hinterliess in Deutschland nicht nur wirtschaftliche und politische Spuren, sondern auch moralische. Nachdem 1919 im Versailler Vertrag Deutschland und seinen Verbündeten die alleinige Kriegsschuld zugesprochen wurde und sehr hohe Reparationszahlungen gefordert wurden, breitete sich in der Bevölkerung ein Gefühl der Ungerechtigkeit aus. Heutzutage wird häufig die Meinung vertreten, dass alle teilnehmenden Länder eine gewisse Teilschuld am Krieg tragen, da aus allen Seiten eine gewisse Kriegsbereitschaft da war. In Deutschland verwandelte sich dieses Gefühl einer ungerechten Schuldzuweisung in Wut um, welche das Land dazu führte, einen zweiten, ebenso grausamen, Weltkrieg zu starten. Nun, Jahre später, stellen sich mir einige Fragen. Was ist Schuld? Wie geht Franz Bieberkopf mit seiner individuellen Schuld des Kämpfens, des Ermordens und des Vergewaltigens in Berlin, Alexanderplatz um? Wie soll, auch heute noch, mit individueller und kollektiver Schuld umgegangen werden?

Quelle: https://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/entnazifizierung-und-antifaschismus/schuldfrage.html

Was ist nur die Schuld?

Das Prinzip der Schuldfähigkeit basiert auf der Idee des freien Willens, also einer Ablehnung des klassischen Determinismus. Man geht davon aus, dass Personen oder Nationen sich dagegen entschieden haben, gewisse Regeln zu beachten und aufgrunddessen Schuld tragen.

Schuld kann als Verpflichtung angesehen werden, etwas zurückzuzahlen. Sie kann auch als Anerkennung der eigenen Verantwortung angesehen werden.

Wie geht Franz Bieberkopf mit seiner Schuld um? (aufgrund Unterrichtsbesprechungen)

Im Unterricht haben verschiedene Deutungsweisen des Romans Berlin Alexanderplatz besprochen. Eine dieser Deutungsweisen war, dass der zentrale Konflikt ein innerer Konflikt ist und darin besteht, dass Franz Bieberkopf ein diffuses Schuldgefühl empfindet, doch nicht auf dieses eingeht und sich seine Schuld nicht eingesteht. Anstattdessen verdrängt er dieses Schuldgefühl und schiebt die Schuld auf seine Umgebung.

Bild: Melinda Widler

Das Buch beginnt mit Franz‘ Entlassung aus dem Gefängnis, in das er wegen Totschlag seiner Frau kam. Im Gefängnis plagten ihn keine Gewissensbisse, da der Entzug seiner Freiheit für Gerechtigkeit sorgte; er zahlte zu dieser Zeit seine Schuld sozusagen ab. Mit dem Beginn des Romans ist Franz allerdings frei und sieht sich nun selbst mit seiner Schuld konfrontiert. Diese Schuld, die er aufgrund seiner Taten im Krieg und des Totschlags seiner Frau gesammelt hat, ignoriert er gekonnt und schiebt sie auf seine Umgebung. Beispielsweise begründet er den Totschlag seiner Frau mit seiner eigenen Armut und dem Fremdgehen seiner Frau.

Nach dem der Tod persönlich mit Franz spricht, kann Franz seine Schuld anerkennen. Der Tod verantwortet Franz auch für den Mord von Mieze, da Franz mit ihr vor Reinhold angeben wollte. Nachdem Franz seine Schuld anerkennte, wird er wiedergeboren und fängt nun erneut als neuer Mensch an.

Wie soll mit individueller und kollektiver Schuld umgegangen werden?

Bei dieser Deutungsweise des Romans Berlin, Alexanderplatz besteht das Problem also darin, dass Franz Bieberkopf nicht weiss, wie er mit seiner Schuld umgehen soll. Es wird gezeigt, dass verdrängen und abweisen der Schuld keine nachhaltig erfolgreiche Strategie ist. Stattdessen stellt Döblin die Akzeptanz der Schuld als richtigen Umgang mit ihr.

Meiner Meinung nach ist er erste Schritt das Eingeständnis, fehlerhaft gehandelt zu haben. Danach muss man sich bei den Personen oder Nationen, bei denen man in Schuld steht, entschuldigen und wenn möglich etwas wiedergutmachen. Der wichtigste Schritt ist jedoch sicherzustellen, das man die geschehenen Fehler nicht wiederholt und andere davor zu warnen, nicht dieselben Fehler zu machen.

Übertragen auf Europa nach dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg heisst das, ein zentrales Ziel sollte sein, zukünftige Generationen und andere Nationen vor den schlimmen Auswirkungen, die Faschismus und Populismus haben können, zu warnen. Vielleicht sogar die Demokratie so zu verändern, dass Faschismus und Populismus verhindert werden kann und sich nicht verbreiten kann. Dieses Ziel konnte, in Anbetracht neuster politischer Ereignisse, leider nicht erreicht werden. Das heisst, es ist jetzt so wichtig wie noch nie, sich dieses Ziel, das vergangene Generationen nicht erreichen konnten, vor Augen zu halten.